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Google degradiert die Netzbetreiber mit Projekt FI

Jetzt verkauft Google auch einen eigenen Mobilfunktarif. Sein Project Fi setzt etablierte Provider unter Druck. In Deutschland kann das Modell aber nicht funktionieren.

Nie mehr Funklöcher: Googles Project Fi möchte das wahr machen.  |  © Javier Barbancho
Nie mehr Funklöcher: Googles Project Fi möchte das wahr machen. | © Javier Barbancho

So richtig überrascht sein dürfte eigentlich niemand, dass Google nun auch einen eigenen Mobilfunktarif vertreibt. Ständig macht das Unternehmen irgendetwas mit Raketen, Drohnen oder zumindest selbstfahrenden Autos. Warum also nicht auch eine neue Art von Mobilfunk? Klingt im Vergleich doch sogar eher bieder. Doch das ist das Project Fi mitnichten.

Im Rahmen des Projekts verkauft Google in den USA seit Mittwoch einen Tarif, bei dem Nutzer ständig zwischen verschiedenen Netzen hin- und herspringen, ohne es zu merken. Je nach der aktuell zur Verfügung stehenden Verbindungsqualität wählt sich der Dienst in die Netze von Sprint oder T-Mobile US ein. Und wann immer möglich, nimmt er einen von rund einer Million drahtloser Hotspots, die Google landesweit ausgesucht hat. Um an Project Fi teilzunehmen, braucht man eine Einladung von Google und zudem zwingend das Google-Smartphone Nexus 6. Dass der Dienst in Zukunft auch mit anderen Geräten nutzbar sein wird, ist aber abzusehen.

Für Project Fi sollen Nutzer monatlich zwanzig Dollar zahlen. Darin sind aber nur die Kosten für Telefon, SMS und Datenverkehr im WLAN enthalten. Jedes Gigabyte an Daten in den Netzwerken von Sprint und T-Mobile kostet weitere zehn Dollar. Die Pakete buchen Nutzer im Voraus. Nicht verbrauchtes Datenvolumen wird auf den nächsten Monat angerechnet. Das ist in den USA in dieser Konsequenz einzigartig. Project Fi wird es US-Nutzern außerdem erlauben, in mehr als 120 Staaten Daten-Roaming ohne Preiszuschlag zu nutzen. Google liegt mit Project Fi insgesamt unter dem Preis von US-Konkurrenten wie AT&T.

Über den Preis allein will Google seinen Dienst aber nicht verkaufen. Das Versprechen von Google geht weiter: Mit Project Fi sollen Nutzer künftig flexibler und breitbandiger kommunizieren können als andere. Je mobiler das Internet wird und je mehr tragbare Geräte es gibt, desto wichtiger wird das.

Telefonnummer ist nicht mehr telefongebunden

Bislang mussten sich Kunden für einen Tarif bei einem Provider entscheiden, der Telefonie und mobiles Internet abdeckte. In den USA haben die mobilen Datennetze aber teilweise erhebliche Funklöcher. Ähnlich ist die Situation in Deutschland. Nur etwa 91 Prozent Abdeckung erreicht etwa die Deutsche Telekom als bester Netzanbieter. Dieser Wert gilt allein für Großstädte. In der Kleinstadt sind es 86 Prozent, auf dem Land dürfte es noch schlechter aussehen.

Solche „Funklöcher“ oder „weißen Flecken“ will Google mit Project Fi vermeiden. Sein Konzept nennt das Unternehmen „Netzwerk der Netzwerke“. Ein Meta-Netzwerk sozusagen, wie es auch das Internet selbst ist. Der Wechsel zwischen den Netzwerken soll auch während eines Anrufs funktionieren. Verlässt man etwa das Café mit Hotspot, verbindet sich das Telefon automatisch mit dem Mobilfunknetz, das die höchste Verbindungsgeschwindigkeit bietet. Das Gespräch läuft dabei weiter. Die teilnehmenden Provider werden dabei zu Gelegenheitsanbietern degradiert.

Project Fi wird Nutzer mittelfristig nicht nur von einem einzigen Netzanbieter entkoppeln, sondern auch vom Endgerät. Das funktioniert mithilfe einer Project-Fi-fähigen SIM-Karte. Künftig wird die Telefonnummer der Nutzer in der Google-Cloud liegen. Man kann die Nummer dann von jedem internetfähigen Gerät aus nutzen, nicht mehr nur vom Nexus 6.

Einen ähnlichen Ansatz wie Googles Project Fi verfolgt Apple mit seinem Betriebssystem OS X. Damit ist es möglich, auch von einem Macbook aus zu telefonieren. Das funktioniert allerdings nur, wenn das eigene iPhone samt SIM-Karte in der Nähe ist, und auch nur von Apple-Gerät zu Apple-Gerät.

Google geht mit seinem entkoppelten Telefonieren weiter. Noch ist unklar, wie die Margen zwischen den Netzanbietern und Google aufgeteilt sind. Auch ist nicht bekannt, nach welchen Maßstäben Google die Netzanbieter und vor allem verifizierten Hotspots auswählt. Eines immerhin verspricht Google, wenn auch mit wolkigen Formulierungen: Mit den Hotspots sollen sich Project-Fi-Nutzer über einen sicheren „Tunnel“ verbinden. Damit könnte ein sogenannter VPN-Tunnel gemeint sein, mit welchem man verschlüsselt im Netz surfen kann.

Project Fi sorgt für mehr Wettbewerb

Netzanbieter, die beim Projekt mitmachen wollen, müssen sich auf einen harten Wettbewerb einstellen. Denn wer das schnellste Netz hat, der bekommt nach Googles Modell auch die meisten Nutzer und dementsprechend am meisten Geld.

Dieser Wettbewerb beginnt nun in den USA: Google kooperiert dort erst einmal mit kleineren Anbietern, die sich mehr Nutzer erhoffen. Sowohl T-Mobile als auch Sprint haben ungefähr 15 Prozent Anteil am US-Markt für mobiles Breitband. Verizon und AT&T teilen sich mit jeweils 34 Prozent die Spitze. Sowohl für T-Mobile und Sprint bietet Project Fi also die Chance, mit einem hochwertigen Angebot zusätzliche Kunden zu gewinnen – auch wenn es sich bei diesen nur um Teilzeitkunden handelt. John Legere, CEO von T-Mobile USA, ist dennoch begeistert: Er liebe die Idee von Google, schrieb er in einem Blog-Eintrag.

In Deutschland stünde die Störerhaftung im Weg

Nutzern könnte das Projekt eine Art Best-of der Provider zu vergleichsweise moderaten Preise bringen. Ob deutsche Nutzer jemals in diesen Genuss kommen, ist fraglich. Das Problem wäre wohl weniger die Kooperation mit hiesigen Netzanbietern, als die Anzahl freier Hotspots. Offiziell will die deutsche Regierung zwar den Ausbau offener Netze vorantreiben. Der zuletzt veröffentlichte Gesetzesentwurf zur Reform der Störerhaftung stellt für private Anbieter aber weiter nahezu unüberwindbare Hürden auf.

Auf Kritik stieß vor allem die Pflicht für private Anbieter ihre offenen Netze ständig zu verschlüsseln. Im Ergebnis müssten sich Nutzer dieser Netze dann jedes Mal anmelden. Von der Idee eines nahtlosen Wechsels von Netz zu Netz – wie bei Project Fi – ist das meilenweit entfernt.

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